Die armen
finnischen Lehrer
Höhe der Gehälter
In den einschlägigen Foren - so zum Beispiel im Spiegel-Forum
- wird den deutschen Lehrern immer wieder vorgekaut, dass die Lehrer
in Finnland 1/3 weniger verdienen als die in Deutschland. Das ist
in etwa richtig. (In Burkina Faso verdienen die übrigens noch
weniger, wir können also echt froh sein.)
Der Hinweis, dass in Finnland die Klassen deutlich kleiner sind
als bei uns, dass Hilfspersonal zur Verfügung steht und dass
die Unterrichtsverpflichtung auch 1/3 geringer ist als bei uns,
wird gern mit dem intellektuell hochwertigen Argument gekontert:Zeigt
erst mal, dass ihr für das geringe Gehalt arbeitet, dann bekommt
ihr auch die besseren Bedingungen. Später. Vielleicht.
Für einen reellen Vergleich der Gehälter muss man aber
einen weiteren Aspekt berücksichtigen, nämlich die Stellung
der finnischen Lehrer in der finnischen Gehaltshierarchie. Hierzu
fand ich ein aufschlussreiches Zitat zum Arbeitsmarkt in Nordeuropa:
Geringe Nachfrage nach Finnland und Island ... Darüber hinaus
sind die Gehälter nicht allzu üppig bemessen. Ein Ingenieur
beispielsweise verdiente im Jahr 2000 durchschnittlich 3.200 Euro
im Monat, ein EDV-Organisator und Programmierer 2.400 Euro, ein
Facharzt etwa 4.350 Euro und ein Studienrat knapp 2.900 Euro.
(Quelle: JedeMengeArbeitinSkandinavien
- Uni-Magazin 4/2002)
Dieser Quelle traue ich natürlich mehr als dem Ersprochenen
der diversen Foren-Stammtischbrabbler. Man findet - für mich
durchaus erstaunlicherweise - die finnischen Lehrer ungefähr
da wieder, wo sie auch in Deutschland stehen, also etwa 10% unter
dem durchschnittlichen Ingenieursgehalt.
IFO-Institut
Das IFO-Institut scheint mir unverdächtig, was besondere Sympathien
für den Lehrerberuf angeht. Und ausgerechnet die haben mir
meine Freude über mein völlig übertrieben hohes Gehalt
ein wenig genommen.
Die Kurzfassung:
(direkter
Link, nach unten scrollen)
Im Blickpunkt
Lehrergehälter im internationalen Vergleich
Nick Hoffmann
Das Anfangsgehalt von Absolventen eines Lehramtsstudienganges
in Deutschland liegt im internationalen Vergleich an der Spitze.
Allerdings landen sie im Laufe der Berufsjahre im Mittelfeld der
Gehälter, die Lehrern gezahlt werden. Zu diesem Ergebnis
kommt eine OECD-Studie, die Lehrergehälter an öffentlichen
Schulen vergleicht. Die aufgeführten Zahlen und Tabellen
sind auch in der Institutionendatenbank DICE des ifo Instituts
zu finden.
(Die Zahlen beziehen sich auf die Studie von 2006)
Die Printversion (liegt mir vor) ist ausführlicher, einige
Zitate:
- Zu diesem Ergebnis kommt die Bildungsstudie "Bildung auf
einen Blick", die Lehrergehälter an öffentlichen
Schulen vergleicht. Die Beträge wurden, um eine internationale
Vergleichbarkeit zu gewährleisten, in US-Dollar umgerechnet
und in Kaufkraftparitäten ausgedrückt.
- (Vergleich D - Fi) Deutsche Lehrer starten mit einem Salär
zwischen 37.718 und 42.321 $ p.a., finnische Lehramtsabsolventen
beginnen ihr Berufsleben mit Jahreseinkommen zwischen 27.922 und
34.825 $. Ähnlich sieht die verteilung am Ende ihrer Laufbahn
aus: Deutschen Lehrern werden zwischen 42.321 und 54.211 $ p.a.
gezahlt, den finnischen zwischen 32.541 und 43.526 $. Während
finnische Lehrkräfte nach nach 15 Jahren im Dienst ihre höchste
Gehaltsstufe erreichen, sind für ihre deutschen Kollegen
auch danach noch Gehaltssteigerungen möglich.
- Während deutsche Lehrer der Sekundarstufe I über ein
Drittel mehr verdienen als der Durchschnitt der Deutschen, liegen
ihre finnischen Kollegen nur gut 27% über dem nationalen
Durchschnitt.
Ein paar Bemerkungen dazu müssen einfach sein:
- Schön, dass nicht einfach die blanken Zahlen nebeneinandergestellt
wurden, sondern auf Gehaltsniveau und Kaufkraft in den Ländern
Bezug genommen wurde.
- Bei den Anfangsgehältern wird nicht berücksichtigt,
dass die Ausbildung in Deutschland (unsinnig) lang ist. Da müssen
gegenüber dem Finnen erst mal 50.000 bis 60.000 $ aufgeholt
werden.
- Die Tatsache, dass die Finnen bereits nach 15 Jahren ihr höchstes
Gehaltsniveau erreicht haben hört sich wie ein Nachteil an,
bedeutet aber, dass die Gehälter dort wesentlich schneller
steigen. Nach 15 Dienstjahren haben die uns fast eingeholt, allerdings
ziehen wir danach unaufhaltsam davon.
- Die Zahlen geben übrigens nicht das berühmte "ein
Drittel weniger" her, sondern 18-25% weniger.
- Die deutschen SekI-Lehrer liegen also bei ca. 135% ("über
1/3 mehr") als der Durchschnitt, die Finnen bei 127%. Wirklich
ein beeindruckender Unterschied.
Wenn man dann die dortigen Arbeitsbedingungen mit den hiesigen
vergleicht und das Bild der Lehrer in der Öffentlichkeit
dort und hier, dann weiß man garnicht, woher das viele Essen
kommen soll, das man erbrechen möchte.
- Ich bin mir sicher, dass sich die finnischen Kollegen mehr und
individueller um ihre Schüler kümmern. Weniger arbeiten
als wir werden die auch nicht. Ich würde aber lieber
zu den dortigen Konditionen arbeiten als zu den hiesigen.
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Erstaunen |
Erstaunlich finde ich das Gehaltsniveau in
Finnland deshalb, weil dieses Land gemeinhin als eher teures
Pflaster gilt.
Möglicherweise herrschen hier aber auch ähnliche
Verhältnisse wie in Dänemark: Das normale Leben
ist bezahlbar, Saufen und Luxus ist richtig teuer. |
Nicht, dass jemand |
... meint, ich würde mich zu schlecht
bezahlt fühlen. Es bleibt dabei: die Kombination Arbeitsplatzsicherheit
und Gehalt ist
akzeptabel, nicht weniger, alllerdings bestimmt auch nicht
mehr. |
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